19. Wissenschaftspreis
2016 wurde der Wissenschaftspreis zum 19. Mal verliehen.
Laudatio von Prof. Dr. Manfred Bruhn
Die Verleihung fand statt anlässlich des traditionellen „Förderkreistreffens“, dem Dinner des Vorstandes des Markenverbandes mit den Mitgliedern des Förderkreises und den Vorsitzenden der Ausschüsse, am 5 . Juli 2016 in der Bar jeder Vernunft, Berlin. Die Laudatio auf die Preisträger 2016 hielt Prof. Dr. Dr. h.c. Dr. h.c. Manfred Bruhn, Universität Basel, Mitglied des G·E·M Kuratoriums, seit 2007 Vorsitzender der Jury des Wissenschaftspreises.
Dr. Stefanie Schnebelen
Friedrich Neukirch (Präsident G·E·M), Dr. Stefanie Schnebelen (1. Preis),
Franz-Peter Falke (Präsident Markenverband)
Den ersten Preis (dotiert mit 5.000 Euro) erhält Frau Dr. Stefanie Schnebelen für ihre Dissertation: „Brand Happiness – Conceptual, Theoretical, and Empirical Investigations of a Promising New Branding Asset“.
Frau Schnebelen studierte an der Universität Basel und wurde 2015 mit dieser Arbeit an selbiger Universität promoviert. Derzeit ist sie dort Post-doc-Mitarbeiterin.
Frau Schnebelen beschäftigt sich in ihrer konzeptionellen und empirischen Arbeit mit dem Markenglück. Dieses Thema ist dem Forschungsbereich der emotionalen Markenführung zuzuordnen, der heutzutage von hoher Relevanz ist.
Diese Bedeutung aufgreifend, widmet sich Frau Schnebelen in ihrer Arbeit der Frage, ob Marken Konsumenten glücklich machen. Ist es so, dass der Umgang mit Marken Glücksmomente erzeugt? Was genau ist eigentlich dieses durch Marken ausgelöste Glücksempfinden, wie kann es gemessen und beeinflusst werden? Letztendlich geht es dann auch um die Frage, welchen Nutzen das Markenglück für Unternehmen stiftet.
Die Beschäftigung mit dem „Markenglück“ ist sowohl aus wissenschaftlicher als auch aus praktischer Perspektive innovativ. Bislang hat sich noch keine Studie mit dem durch Marken ausgelöstem Glücksempfinden der Konsumenten beschäftigt. Glück ist das höchste Ziel der Menschen. Sollte es dann nicht auch das höchste Ziel von Unternehmen sein, Konsumenten glücklich zu machen? Diese Frage ist auch gerade vor dem Hintergrund der hohen Verhaltensrelevanz und der Tatsache, dass Glück relativ einfach durch externe Stimuli beeinflusst werden kann, von besonderer Bedeutung.
Genau deshalb ist es für Unternehmen wichtig, dieses Streben nach Glück nicht nur in Slogans, Werbekampagnen und Produktbeschreibungen zu bedienen, sondern es als zentrales Markenziel anzusehen.
Für die Beantwortung der Forschungsfragen führt Frau Schnebelen eine umfassende Konzeptualisierung und Operationalisierung des Konstrukts „Markenglück“ durch. Darüber hinaus entwickelt sie auf Basis interdisziplinärer theoretischer und empirischer Erkenntnisse ein Wirkungsmodell von Markenglück.
Im Rahmen eines umfassenden qualitativen und quantitativen empirischen Prozesses (insgesamt 6 Studien) zeigt Frau Schnebelen auf, dass Markenglück die folgenden vier Dimensionen umfasst:
- Dimension: Freude (überschwängliches Gefühl)
- Dimension: Lebendigkeit (hohe Aktivierung und Energie)
- Dimension: Stolz (Selbstverstärkung)
- Dimension: Gelassenheit (emotionale Harmonie und Balance).
Als Faktoren, die das Markenglück beeinflussen, identifiziert Frau Schnebelen auf Basis der Appraisal Theorien und Erkenntnissen aus der interdisziplinären Glücksforschung die folgenden Marken- und situationsbezogenen Aspekte:
- Markenbezogene Determinanten: Markenbeziehungsqualität, Markenrelevanz, Zielkongruenz, aktuelle Selbstkongruenz und ideale Selbstkongruenz
- Situative Determinanten: Sicherheit; Fairness und Annehmlichkeit.
Ein weiteres zentrales Ergebnis der Arbeit von Frau Schnebelen ist, dass Markenglück von besonders hoher Verhaltensrelevanz ist. So konnte nachgewiesen werden, dass Markenglück nicht nur das Markenverhalten positiv beeinflusst (Kaufbereitschaft, Preis-Premium, Weiterempfehlung, Marken-Evangelismus und Markenvergebungsbereitschaft), sondern diese Verhaltenskomponenten sogar stärker beeinflusst als verwandte Konstrukte (z.B. emotionale Markenverbundenheit, Markenliebe).
Der Nutzen für die Praxis ergibt sich aus dieser Arbeit in dreierlei Hinsicht:
- Es liegt ein praxistauglicher Ansatz zur Messung von Markenglück vor, der in Unternehmen verschiedener Branchen eingesetzt werden kann.
- Die Einflussfaktoren von Markenglück liefern wertvolle Ansatzpunkte zur Beeinflussung und Steuerung von Markenglück. Hierfür gibt die Arbeit konkrete Empfehlungen für die Praxis ab, wobei jedoch branchenspezifische Unterschiede zu beachten sind.
- Die hohe Verhaltensrelevanz von Markenglück zeigt die enorme Bedeutung von Markenglück als Zielgröße der Markenführung auf und rechtfertigt, Markenglück als das höchste Ziel, oder überspitzt formuliert, den heiligen Gral des Marketing zu betrachten.
Frau Schnebelen liefert in ihrer Arbeit wichtige neue Erkenntnisse und Denkanstöße für das Management und die zukünftige Erforschung der emotionalen Markenführung.
Hervorzuheben ist insbesondere das theoretisch, konzeptionell, methodisch und empirisch vielfältige und einwandfreie Vorgehen der Arbeit.
Dr. Jochen Kühn
Den zweiten Preis (dotiert mit 3.000 Euro) erhält Herr Dr. Jochen Kühn für seine Dissertation: „Eine wertebasierte Typologie der Markenliebe“.
Herr Kühn hat mit dieser Arbeit an der Bergischen Universität Wuppertal bei Herrn Kollegen Tobias Langner promoviert. Vor seiner Promotion studierte Herr Kühn an der Justus-Liebig-Universität Gießen Betriebswirtschaftslehre mit den Schwerpunkten Marketing, Personalmanagement und Psychologie. Derzeit ist er als Marketingleiter bei der PASCOE Naturmedizin GmbH in Gießen tätig.
In seiner Arbeit setzt sich Herr Kühn mit einer für die Wissenschaft und Praxis der Markenführung sehr relevanten Thema auseinander: der Markenliebe als intensivste Form aller Konsumenten-Marken-Beziehungen. In den bisherigen Studien zum Thema Markenliebe wird davon ausgegangen, dass nur ein einziger Typ von Markenliebe existiert, der über verschiedene Kunden, Marken und Produktkategorien hinweg immer gleich ist. Angesichts unterschiedlicher Typen menschlicher Liebesbeziehungen (z.B. romantische Liebe, Elternliebe) und unter Rückgriff auf die Wertetheorie nach Schwartz geht Herr Kühn in seiner Arbeit jedoch von der Annahme aus, dass es sich bei der Markenliebe um kein einheitliches Phänomen, sondern um eine Ansammlung unterschiedlicher Phänomene handelt.
Seine Forschungsbemühungen zielen daher auf die Beantwortung der folgenden Forschungsfragen ab:
- Gibt es nur einen oder mehrere Typen der Markenliebe?
und falls es mehrere Typen von Markenliebe gibt: - Wie kann eine Typologie unterschiedlicher Marken-Liebes-Beziehungen aussehen?
Zur Beantwortung der Forschungsfragen führt Herr Kühn drei Studien durch. Der Autor testet mit der Methode der Q-Faktorenanalyse, inwieweit unterschiedliche Typen von Markenliebesbeziehungen existieren und wie sich diese charakterisieren lassen.
Die Analyse zeigt, dass es sechs unterschiedliche Typen von Markenliebe gibt, die sich in ihrer Wertestruktur teilweise fundamental voneinander unterscheiden. Darauf basierend leitet Herr Kühn eine Typologie von Markenliebesbeziehungen, bestehend aus den folgenden Arten von Markenliebe, ab:
- Die selbstwertsteigernde Markenliebe:
Dieser Typ der Markenliebe basiert auf der Aufmerksamkeit, Achtung und Zustimmung durch andere Personen, die der Konsument durch die Verwendung der geliebten Marke erfährt (z.B. Porsche). - Die hedonistische Markenliebe:
Bei dieser Form der Markenliebe dient die geliebte Marke dem Auslösen von positiven Emotionen (z.B. Nutella, Coca-Cola). - Die harmonische Markenliebe:
Dieser Markenliebestyp ist unmittelbar mit dem emotionalen und körperlichen Wohlbefinden einer Person verbunden (z.B. Body Shop, Aveda). - Die selbstbestimmende Markenliebe:
Die Selbstbestimmung des eigenen Lebens mithilfe der geliebten Marke ist charakteristisch für diesen Typ von Markenliebe (z.B. Apple Smartphone). - Die leistungssteigernde Markenliebe:
Dieser Markenliebestyp beschreibt eine Beziehung, in der die geliebte Marke die Leistung des Konsumenten verbessert (z.B. Asics Laufschuhe). - Die bewahrende Markenliebe:
Dieser Typ von Markenliebe basiert auf eher konservativen Werten und Überzeugungen (z.B. Nivea).
Die Arbeit liefert wertvolle Hinweise für Manager, die Interesse an der Initiierung und Aufrechterhaltung lang anhaltender Marken-Liebes-Beziehungen haben:
- So erlauben die Erkenntnisse eine effektivere Nutzung von Marketingprogrammen zum Aufbau von Markenliebe. Eine Marke, die von ihren Kunden vor dem Hintergrund von Dominanz- und Machtmotiven (selbstwertsteigernde Markenliebe) geliebt wird, muss z.B. anders vermarktet werden als eine Marke, die primär aufgrund universalistischer Werte (harmonische Markenliebe) geliebt wird.
- Basierend auf den Ergebnissen lassen sich dementsprechend für jeden Markenliebestyp spezifische Handlungsempfehlungen zur Ausgestaltung des Marketing-Mix ableiten.
Herr Kühn wendet in hervorragender Weise eine innovative Methode zur Identifikation unterschiedlicher Typen von Markenliebesbeziehungen an, die auch sehr gut für die Praxis geeignet ist. Der Autor schließt damit eine sehr forschungs- und praxisrelevante Lücke. Damit rechtfertigt das hohe wissenschaftliche Niveau, die sehr hohe Praxisrelevanz und der sehr hohe Innovationsgehalt die Platzierung dieser Arbeit.
Dr. Barbara Maria Kleine-Kalmer
Den dritten Preis (dotiert mit 2.000 Euro) erhält Frau Dr. Barbara Maria Kleine-Kalmer für ihre Dissertation: „Brand Page Attachment – An Empirical Study on Facebook Users’ Attachment to Brand Pages“.
Frau Kleine-Kalmer wurde mit dieser Arbeit an der Universität Bremen bei Herrn Kollegen Christoph Burmann promoviert. Ihr Studium der Wirtschaftswissenschaften absolvierte sie an der Universität Dortmund. Aktuell ist sie als Senior Brand Managerin Beck’s bei der Firma Anheuser-Busch InBev Germany GmbH tätig.
Frau Kleine-Kalmer widmet sich in ihrer Arbeit einem hochaktuellen und in der Markenführung derzeit viel diskutierten Thema: dem Management von Marken in sozialen Netzwerken. Anfangs wurde diese Form des Markenmanagements noch als Hype angesehen. Immer mehr setzt sich jedoch in der Forschung und Praxis die Erkenntnis durch, dass soziale Netzwerke neue Chancen für eine erfolgreiche Markenführung eröffnen. Somit sind soziale Netzwerke heutzutage bereits fester Bestandteil der Markenkommunikation von Unternehmen.
Das zentrale Ziel der Arbeit von Frau Kleine-Kalmer ist es, ein theoretisch fundiertes und praktisch anwendbares Konstrukt zu entwickeln, das die Bindung des Konsumenten an soziale Medien (speziell Facebook Markenseiten) misst: Brand Page Attachment. Ebenfalls ist es das Ziel der Arbeit, die Determinanten und Konsequenzen des Brand Page Attachment herzuleiten und empirisch zu überprüfen.
Konkret wurden folgende drei Forschungsfragen verfolgt:
- Was ist Attachment und warum eignet sich das Konstrukt für die Messung der Bindung eines Users an eine Markenseite?
- Wie kann Brand Page Attachment konzeptualisiert und gemessen werden?
- Was sind die Determinanten und Konsequenzen des Brand Page Attachments?
Auf Basis der identitätsbasierten Markenführung und der Erkenntnisse zum Konstrukt Markenbindung werden zwei Dimensionen des Brand Page Attachments identifiziert: (1) Brand Page Connectedness und (2) Brand Page Prominence.
Als Ergebnis der Wirkungsanalyse zeigt sich, dass die folgenden drei Determinanten des Brand Page Attachments bestätigt werden konnten: (1) Infotainment, (2) Social Value und (3) Economic Incentive.
Hinsichtlich der Konsequenzen verdeutlichen die Ergebnisse, dass Brand Page Attachment die (1) User Aktivitäten auf der Markenseite, (2) die Intention, die Verbindung zur Markenseite aufrecht zu erhalten und (3) die Bereitschaft zur Bereitstellung demografischer sowie (4) persönlicher Daten positiv beeinflusst.
Die Arbeit liefert wertvolle Hinweise für das Management von Markenseiten auf Facebook:
- Hierzu gehört z.B. die Erleichterung der Steuerung der Markenseiten. Durch eine gezielte Beeinflussung der Determinanten wird die Bindung der User an die Markenseite intensiviert. Hierfür liefert die Arbeit für Unternehmen konkrete Empfehlungen.
- Dies wirkt sich wiederum positiv auf das Verhalten der User gegenüber der Marke in den sozialen Medien aus und beeinflusst die Bereitschaft, persönliche Daten bereitzustellen positiv.
Insgesamt weist die Arbeit von Frau Kleine-Kalmer ein hohes wissenschaftliches Niveau mit anwendungsbezogenen Schlussfolgerungen auf. Aufgrund der sauberen Erarbeitung der innovativen und relevanten Thematik erkennt die Jury Frau Kleine-Kalmer den 3. Preis zu.